Vielleicht lästig, aber sicherlich notwendig
Eat - Sleep - Cycle - Repeat: Am besten in Monaco
Ach ja, aufstehen, Kaffee & Croissant, aufsteigen, ab geht's und gut. Nach Hause kommen, Dusche und Erfrischungsgetränk, ins Bett und von vorn. Getreu dem Motto: EAT – SLEEP – CYCLE – REPEAT. So einfach könnte es gehen, hätte man diese schöne große Villa in Monte Carlo, die wundervolle nie versiegende Geldquelle eines Offshore-Kontos dank der schon legalen, nur eben ethisch und moralisch nicht ganz einwandfreien Briefkastenfirma auf einer kleinen sonnigen Insel, einen guten Koch und einen noch besseren Fahrradmechaniker. Ich kann mir gerade gar nicht vorstellen, dass mir das irgendwann langweilig werden könnte. Denn Fahren müsste man ja immer noch selber, und ich denke, jeder Projektteilnehmer hat mittlerweile gemerkt, dass das nicht immer so easy und smooth geht. Und selbst in Monaco regnet es ab und an, und Berge hat es da in der Gegend auch. Und wo wir uns gerade in diesem schnuckeligen Fürstenstaat befinden – jeder, der einmal das Formel-1-Rennen dort gesehen hat, weiß: Es kommt nicht darauf an, wer das schnellste Auto hat, es kommt darauf an, wer seinen Boliden am besten fahren kann. Warum sollte das beim Radfahren anders sein? Außer es geht auf einer breiten gut asphaltierten Straße 200 Kilometer immer nur flach gerade aus. Ich kenn keine solche Straße. Deswegen kuschelt man bei 'Von 0 auf 60' so gerne. Und dieses Kuscheln ab und an mal aufzufrischen, ist ganz gut, denn sein Rad kann man nicht gut genug beherrschen, und ich freu mich über jeden Tipp, wie ich mit dem Gerät noch besser umgehen kann. Es erhöht den Spaß am Fahren deutlich, wenn man bei allem, was man macht, sicher sein kann. Und wenn man das beherzigt, was Peter sagt, dann geht wird man das.
Schmutziges Geschäft

Vor dem zweiten Teil des Kuscheltrainings stand aber noch ein Workshop zum Thema Material und Pflege an. Und da mein hervorragender monegassischer Fahrradmechaniker nicht mit mir ins spätherbstliche Köln kommen wollte und stattdessen bei Peter Sagan angeheuert hat, muss ich meine Räder wieder selbst pflegen. Passende Gelegenheit also, zunächst mal diese Kenntnisse aufzufrischen.
Man muss bei einer Regenausfahrt auf einer schmutzigen Straße nur mal schauen, wie die braune Soße an der Sattelstütze des Vordermanns runterläuft, und wie der Dreck vom Asphalt hochspritzt und sich in den ganzen kleinen Teilen des Rades – Schaltwerk, Schaltröllchen etc. – festsetzt. Das gleiche passiert bei einem selbst, und wenn man kein Schutzblech hat merkt man es an Rücken und Hintern.
Für hinterher gibt es das exklusive 'von0auf60' Reinigungsset: Eimer, Handfeger, Putztücher (wahlweise alte Handtücher, Laken etc) und Spüli. Und damit geht es ans Eingemachte. Man kommt also nach einer langen Regenfahrt heim und betrachtet sein dreckiges Rad. Man denkt, nächste Woche wird es ja wieder dreckig – warum also putzen? Weil es dann besser fährt, der Dreck sich nicht festsetzt und das Material einfach länger hält. Das Problem: Das, was am einfachsten zu putzen ist, ist nicht unbedingt das Wichtigste, zum Beispiel der Rahmen. Das ist eher eine optische Sache. Der Teufel liegt wie bei so vielem im Detail: Schaltung, Kette, Bremsen. Dinge, an die man eher schlecht dran kommt und die eher klein sind. In den Bremsbelägen können sich Dreck und Steine festsetzen, die wiederum die Felgen kaputt machen können. Nach der Fahrt also mal kurz die Bremsbeläge checken. In der Kette setzt sich ebenso der Dreck fest. Die Kette ist geölt, entsprechend fett und klebrig, da bleibt Dreck gerne hängen. Also sorgfältig abputzen. Wichtig ist das richtige Öl, es sollte sehr gut schmieren und nicht zu klebrig sein, zum Beispiel Teflon-Öl. Desweiteren: Schaltwerk, Schaltröllchen, Ritzel, Kettenblätter, Umwerfer – an allem bleibt der Dreck haften, alles liegt im Wirkungsbereich der Kette. Und für alles ist in dem exklusiven Reinigungsset etwas enthalten, mit dem man es wieder sauber kriegt. Ist lästig, macht aber viel Sinn.
Ein Potpourri an Übungen

Ebenso lästig mag einem das Kuscheltraining erscheinen, wenn sich doch am Sonntagmorgen kurz nach Beginn Regen und Wolken verziehen und die Bühne am Himmel der Sonne überlassen. Man könnte super eine lange Runde drehen. Aber so wie Radpflege erheblich dazu beiträgt, dass man lange Freude an seinem Rad hat, so trägt das Kuscheltraining (oder langweilig formuliert: Fahrsicherheitstraining) dazu bei, dass man auf dem Rad, an dem man lange Freude hat, ebenso lange Freude hat. Es lässt sich nicht leugnen: Mit der Sicherheit erhöht sich der Spaß und die Geschwindigkeit. Außerdem spart man Kraft, wenn man vor Kurven nicht zu sehr runterbremsen muss.
Und so hat Peter für den Sonntagmorgen ein Potpourri an Übungen zusammengestellt, die einem mehr Gefühl für seinen auf dem Rad sitzenden Körper geben – und für den Schwerpunkt. Es beginnt mit dem Elefantenrennen: Wer zuletzt ankommt, hat gewonnen. Je langsamer man fährt, desto schwerer ist es Körper und Rad in Einklang und Balance zu halten. Und je schneller man fährt, desto einfacher ist es. Das wird deutlich an der nächsten Übung: Fahren ohne Hände am Lenker. Geht Ab einer bestimmten Geschwindigkeit besser.
Sicher auf die nächste Runde

Dann schließlich die Übung, die für mich damals bei meinem allerersten Kuscheltraining die größte Überraschung bereithielt. Die Vollbremsung ohne blockierende Räder, geht am besten mit der Vorderradbremse – klein machen, Unterlenker, Hintern nach hinten schieben – Man verlagert das Gewicht des Oberkörpers auf das Vorderrad und den Schwerpunkt nach unten, so hebt im besten Fall auch das Hinterrad nicht ab.
Peter ist von den Fortschritten beeindruckt, schließlich handelt es sich hier um Sachen in die Routine übergehen sollen, dann kommt auch die Sicherheit. Denn wie hoch die Anforderungen beim Radfahren sind, das zeigt die letzte Übung: In einer Reihe fahren, auf einem Rundkurs (also mit Kurven). Dabei wandert eine Trinkflasche vom Ersten durch bis zum Letzten, das bedeutet Trinkflasche annehmen, in den Halter stecken, wieder rausholen und weiter geben. Anschließend wandert die Flasche vom letzten zum ersten. Radfahren in der Gruppe ist Multitasking – Gleichgewicht halten, auf Vordermann UND Hintermann achten, Flasche annehmen, dabei womöglich einhändig um eine Kurve fahren, Flasche einstecken und wieder weitergeben. Und das ganze möglichst schnell. Wieder einmal können alle stolz auf das Geleistete sein. Auch ich fand das Kuscheltraining nach so langer Zeit mal wieder hilf- und aufschlussreich. Es führt mir die Entwicklung vor Augen, die ich genommen habe, und die finde ich schon enorm. Und zwar, weil ich nicht damit gerechnet habe. Und es zeigt einem – wie auch Peter sagt – das Fahrrad gut genug zu beherrschen, geht nicht. Das ist auch gut so, das ist der Spaß und die Herausforderung, die nächste Woche eine weitere Runde bereithält.