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Tobis Radblog: Wintertraining "Von 0 auf 60" Saison 2017/18 - Back On Track zur Bevertalsperre

Der Sonne entgegen, egal auf welcher Straße

The sun also rises...

Rennrad Wintertraining
Runter zur Talsperre, arschkalt, aber sonnig

Das sagte schon Ernest Hemingway. Der hat es wiederum aus der Bibel. Und ich brenne, allerdings noch nicht im Fegefeuer oder der Hölle. Ich brenne auf Draußen. Es wird arschkalt werden, knapp über null Grad, aber das ist mir ziemlich egal. Die Ausfahrt am 4. Februar fiel aus wegen Glätte, die Ausfahrt am 11. Wegen zu vieler möglicher Alk-Zombies, die einem vors Rad laufen (im Volksmund 'Karneval'). Das Wetter war in diesen zwei Wochen nicht gerade radfreundlich, und wenn, dann musste ich dieser Verpflichtung namens Arbeit nachgehen. Die Bilanz für diesen Monat ist also eher mager: Zweimal draußen gefahren, ansonsten wurde die Rolle strapaziert, in allen Variationen, frei, fest, Intervalltraining, Ausdauer- und Krafteinheiten. Die Kilometerbilanz ist im Grunde gar nicht so schlecht, nur die Umgebung… So sehr ich meine Wohnung mag, zum Radfahren fallen mir spontan 527 schönere Orte ein. Ich hab alle Springsteen- und Manic-Street-Preachers-DVDs durch, drei Staffeln 'Justified' und diverse Filme, außerdem herrscht in meinem Wohnzimmer mit großer Wahrscheinlichkeit Feinstaub-Alarm wegen des ganzen Gummiabriebs. Deshalb brenne ich auf die Straße, egal was für ein Wetter, egal was für eine Temperatur, egal welche Straße. Und es verspricht gut zu werden. Zwar kalt, aber viel Sonne und es geht zur Bevertalsperre, könnte ein traumhafte Szenerie werden, anstrengend – klar, aber der Saisonbeginn rückt näher.

Endorphine statt Kölsch und Korn

Rennrad Wintertraining
Meine Art von Party

Also mach ich mich um kurz vor halb neun bei minus zwei Grad auf den Weg zum Treffpunkt nach Bensberg. Es wird schnell klar, dass die Anstrengung eher Nebensache wird, die Sonne scheint, der Himmel ist blau, Schneereste am Wegesrand, doch die Straßen sind frei. Das werden knapp fünfeinhalb Stunden für die Seele. Die Bedingungen könnten nicht besser sein. Die Narren hatten ihre verrückten Momente, jetzt ist es Zeit für meine Art von Party – Adrenalin und Endorphine statt Kölsch und Korn. Und immer der Sonne entgegen. The Sky ist he Limit.

 

Trotz der großen Teampräsenz, werden nur zwei Gruppen gebildet, eine schnellere Espresso-Gruppe und eine etwas langsamere Cappucchino-Gruppe. Ich schließe mich der zahlenmäßig größeren Cappucchino-Gruppe an. Es geht raus aus Bergisch-Gladbach, Richtung Altenberg. Das gute Wetter hat auch ungewohnt viele Autofahrer auf die Straßen gelockt, unsere Gruppe stellt diese auf der Straße nach Odenthal vor größere Herausforderungen, aber es verläuft alles recht glimpflich. Kurz hinter Odenthal geht es den ersten längeren Anstieg (knapp fünf Kilometer) hoch. Spätestens jetzt spielt auch die Kälte keine Rolle mehr. Die Anstrengung wärmt, auch wenn der Anstieg von Bäumen gesäumt und entsprechend schattig ist, aber oben knallt die Sonne voll auf uns nieder. Erfreulich: wie immer fällt die Gruppe am Berg auseinander, und es gilt die Regel – gerade bei niedrigen Temperaturen – wer zuerst oben ist, fährt wieder runter und mit den letzten nochmal hoch. Guide Jürgen K. und ich müssen jedoch feststellen, dass wir nicht sehr weit zurück fahren müssen, die Gruppe ist mittlerweile auch an Steigungen sehr homogen.

Traumhafte Kulisse

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Zwischenstopp Bevertalsperre: Alle gut drauf

Das Fahren in der Zweierreihe funktioniert auch immer besser, auch werden durchgehend Handzeichen gegeben. Die Stimmung ist gut, es wird viel geredet, ein gutes Zeichen, die Anstrengung hält sich also bei allen in angenehmen Grenzen. Einer der kleinen Orte, die wir passieren, trägt den der Tour angemessenen Namen: Sonne. Die Aussicht sowohl rechts als auch links ist traumhaft. Es geht weiter eine etwas längere Abfahrt nach Wipperfürth runter, dann folgt ein kurzer, gemäßigter Anstieg und schließlich geht es bergab auf die Bevertalsperre, die noch immer mit einer hauchdünnen Eisschicht bedeckt ist. Zeit für ein Gruppenfoto vor sensationeller Kulisse.

Die nach der Talsperre folgende Abfahrt ist etwas tricky, weswegen Trainer Peter Zaun sie noch einmal ankündigt: Mitten in der Abfahrt geht es links ab auf einen kleinen Feldweg, mit einer knackigen kurzen Steigung. Idealerweise nimmt man auf der abschüssigen Straße ausreichend Schwung auf, so dass man den Anstieg mit dem großen Kettenblatt hochdrücken kann. Das erste Problem: Der entgegenkommende Verkehr, möglicherweise kann man nicht ungehindert links abbiegen, sondern muss runterbremsen und den Gegenverkehr durchlassen. Das nächste Problem: Der Weg ist eng und verwinkelt und es könnte ebenfalls Gegenverkehr geben, so dass man seinen Vordermann nur schwer überholen kann, und man es aus 'Platzgründen' nicht schafft, das Tempo berghoch durchzuhalten. Und tatsächlich kommt uns bei der Abbiegung ein Auto entgegen, das aber freundlicherweise wartet, einige hatten allerdings schon abgebremst. Auf dem Weg kommt uns ebenfalls ein Auto entgegen, Peter und ich, die hinten in der Gruppe waren, werden leider ausgebremst. Schalten ist jetzt eher schlecht, da man ziemlichen Druck auf dem Pedal ausübt. Es bleibt uns nichts anderes übrig als den dicken Gang (ca. 50-18) nach oben durchzudrücken. Tut kurz weh, ist aber zum Glück nicht lang. Der größte und anstrengendste Teil der Tour liegt nun bereits hinter uns, an der Stimmung hat sich jedoch nichts geändert. Alle sind nach wie vor gut drauf. Auf den welligen 16 Kilometer nach Bechen teilt sich die Gruppe kurz, weil einige den Abschnitt etwas schneller angehen wollen. Auf dem Parkplatz an der Imbissbude in Bechen findet man jedoch wieder zusammen, um die letzten zehn Kilometer zusammen anzugehen.

Bergabfest zum Schluss

Diese zehn Kilometer beinhalten jedoch noch ein Highlight: Die Abfahrt nach Spitze, die auch Teil der Strecke von 'Rund um Köln' ist. Ein kurzes Bergabfest zum Abschluss, einmal richtig schön rollen lassen und Speed aufnehmen, denn kurz vor Spitze wartet eine kleine Bergauf-Welle, die man schön mit Schwung und einem dicken Gang nehmen kann – ohne Gegenverkehr oder verwinkelte Abzweigung.

Bei 'Rund um Köln' geht es an er Kreuzung in Spitze nach rechts. Nach einer weiteren schönen Abfahrt warten da die beiden Herausforderungen Sander Berg und Schlossberg. Wir sparen uns das heute, stattdessen geht es geradeaus weiter nach Herkenrath und über Sand zurück nach Bensberg. Wie zu erwarten war, steht dort schon die Espresso-Gruppe. Sie war aber immerhin so nett und hat schon mal den Tisch gedeckt. Anlässlich des Geburtstages unseres Trainers Peter gibt es Kuchen und politisch korrekte, nicht diskriminierende Schaumküsse (verschiedene Farben, je gleiche Anzahl).

Schließlich machen sich die Guides Jürgen Zeiler und Martin Hannemann gemeinsam mit mir auf den Heimweg. Sonst nie um ein Wort verlegen, wird kaum gesprochen. Wir merken: war doch ganz schön anstrengend, haben wir aber gar nicht mitbekommen während der 110 km in den letzten fünf Stunden und 15 Minuten. So kann es weitergehen, am besten schon nächste Woche.