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Tobis Radblog: Wintertraining "Von 0 auf 60" Saison 2017/18 - Countdown zum Rennen läuft

"Wie Flasche leer"

Noch zwei Wochen

Rennrad Wintertraining
Vor der Rennfreude steht noch ein bisschen Trainingsschmerz

Das Training wird Woche für Woche härter,  allen wird bewusst: Der Countdown läuft. In genau zwei Wochen um diese Zeit ist der Treffpunkt nicht der Parkplatz am Mediterana in Bensberg, sondern am Harry-Blum-Platz am Rheinhafen in Köln, an der Start und Ziellinie von 'Rund um Köln'. In zwei Wochen um diese Zeit naht der Moment, an dem sich der Startblock füllt und man mit hunderten tausenden anderen mehr oder weniger gleich Verrückten Rad an Rad auf die letzten 10 Sekunden des Countdowns wartet. Dann geht es los, großes Kettenblatt, Tempo Richtung 50 km/h und rein in den Rheinufertunnel. Jeder, der das sich dort ereignende Sounderlebnis von hunderten durch den Tunnel rasenden Rennrädern einmal erlebt hat, wird es nie wieder vergessen.

Doch nicht so schnell… noch ist die Sanduhr nicht komplett durchgelaufen. Vor der Rennfreude steht noch ein bisschen Trainingsschmerz. Wir nähern uns dem 'All-Out', dem Punkt, an dem man alle Körner aus sich raus gefahren hat, an dem nichts mehr geht. Der Punkt, an dem man das Rad nicht einmal mehr sehen möchte. Ich mag es manchmal selbst nicht glauben, aber es gibt ihn.

Streckenkenntnis hilft

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Gruppe leidet, Trainer hat Spaß

Zusätzlich soll noch die Rennstrecke verinnerlicht werden. Der harte, entscheidende Part, und davon die erste Hälfte: Der Trostwald-Anstieg  und die drei Wellen nach Bechen. Wir sind den Abschnitt vor ein paar Wochen schon mal gefahren, aber das war nur ein erstes Kennenlernen, heute folgt das Rendezvouz, ein kleiner intensiver Austausch von Gemeinheiten. Dreimal. Es geht angenehmer. Nach den ersten 20 Kilometern aus Köln raus kommt da diese kleine Abbiegung nach links in den Wald rein und da steht dann diese Rampe mit bis zu zehn Prozent Steigung. Die nimmt das Tempo aus dem Rennen, und es ist ganz gut zu wissen, wie sie das tut und wie man darauf reagieren kann. Das ist von Fahrer zu Fahrerin verschieden, zumindest in dem Leistungsbereich, in dem wir uns befinden. Für Profis ist der Trostwald eine welligere Welle als die drei danach. Man kann dem Team 'Von0auf60' vieles nachsagen, aber bestimmt keine Selbstüberschätzung. Deshalb bleibt der Trostwald an dieser Stelle ein Berg. Jeder kommt anders mit dem Berg klar, es ist nicht nur eine Frage des Trainings. Ein André Greipel ist bestimmt nicht weniger trainiert als ein Emanuel Buchmann, letzterer wird aber mit Sicherheit als erster auf dem Gipfel ankommen. Beim Sprint wird Buchmann das Nachsehen haben – es ist also auch eine Frage der Veranlagung, und auch des Gewichts und vieler anderer Komponenten. Heute soll jeder herausfinden, wie er den Berg am besten bewältigt, an welchen Passagen er eher Zeit verliert oder gewinnt. Ob es besser ist, mit voller Kraft in den Anstieg rein zu brettern oder ob man es am Anfang ruhig angehen lässt und nach hinten raus noch etwas rausholen kann.

Jeder muss den besten Weg hoch für sich finden

Ich als eher schwerer Fahrer habe für mich festgestellt, dass ich besser klar komme, wenn ich es eher ruhig angehen lasse. Ich lasse mich nicht irre machen, von den Bergziegen und denjenigen, die irrtümlicherweise meinen, sie wären welche. Wenn man genau weiß, was auf einen zukommt, dann hat man die auch nötige Ruhe, diese ziehen zu lassen. Mit den Bergziegen kann ich nicht mithalten, die anderen treffe ich wieder. Wenn ich auf dem ersten steilen Stück nicht über meinen Möglichkeiten fahre, dann werde auf dem ersten flacheren Stück belohnt, kann etwas mehr Stoff geben, bis es im dritten Abschnitt wieder steiler wird, mit Werten bis zu zehn Prozent. Danach wird es wieder etwas flacher und der Hügel läuft langsam aus. Das bedeutet, dass es bis zu den Wellen nach Bechen im Großen und Ganzen weiter bergauf geht, nur wesentlich gemächlicher. Wenn man nicht seine kompletten Körner verfeuert hat, kann man auf diesem Abschnitt ganz gutes Tempo gehen. Möglichst sollte man schauen, dass man eine Gruppe erwischt, damit man nicht im Wind fahren muss, denn das Stück zehrt an den Kräften.

Auch wenn man am Limit ist, geht noch was

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Sander Berg: braucht man nicht jeden Tag

Schließlich geht es nach Neschen erstmals richtig bergab, es geht Richtung Bechen und erster Welle, der härtesten der drei. Jetzt heißt es Tempo aufbauen, um den Gegenanstieg möglichst weit wieder hochzurollen. Es wird nicht ganz reichen, der Anstieg ist zu lang, trotzdem sollte man versuchen, auf dem großen Kettenblatt drüber zu kommen, man hat mehr Geschwindigkeit für die zwei folgenden Wellen aufbauen. Beide sind um einiges leichter als die erste. Im Grunde also nicht mal eine besondere Erwähnung wert, aber "Die drei Wellen nach Bechen" klingt besser als "Welle nach Bechen".  Dann geht es zurück zum Fuße des Trostwaldes, ganz entspannt bergab. Um das Ganze dann nochmal zu machen. Im Renntempo. Natürlich. Bei gefühlten 40 Grad. Und dann nochmal.

 

Dann geht es nach Hause. Das Problem: Der Sander Berg ist noch im Weg – die Gruppe ist am Limit und trotzdem bewältigen alle auch dieses Hindernis mit Bravour. Woran beim Fahren möglicherweise keiner Gedacht hat, erläutert Peter nach der Ankunft am Parkplatz noch einmal: Alle haben den Sander Berg mit seinen zwischendurch 18 Prozent Steigung geschafft, nachdem sie dreimal im Renntempo den Trostwald hoch sind und über die Wellen geritten sind. Beim Rennen müssen sie das nur einmal. Folglich muss sich also niemand Sorgen machen. Warum auch, nach dieser anstrengenden und gelungenen Vorbereitung.