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Tobis Radblog: Wintertraining "Von 0 auf 60" Saison 2017/18, Bergfestspinning, 28. Dezember 2017

Auf der Stelle treten? Mitnichten!

Halbzeitanalyse

Es ist der 28. Dezember, der Weihnachtspass ist überquert, es steht die Abfahrt in das Jahr 2018 an. Zeit, die erste Hälfte des Projektes 2017/18 einmal kurz "Paroli laufen" zu lassen, um das Kopfballungeheuer Horst Hrubesch zu zitieren. Zum Abschluss des Jahres steht noch einmal Spinning an, also werd ich mit dem Team 2017 noch einmal schön im Schweiß baden.

Was ist hängen geblieben? Das erste, woran ich denken muss, ist die Ausfahrt am Tagebau vorbei. Und zwar, weil ich nicht dabei war. Ich hatte mir vor der Weihnachtsausfahrt bereits eine Erkältung eingefangen und musste pausieren. Und so habe ich in meinem fünften Projektjahr diese Tour zum fünften Mal verpasst. Immerhin war ich zwischenzeitlich schon mal alleine da. Trotzdem richten sich diesbezüglich meine Hoffnungen auf das nächste Jahr.

Was war, was kommt noch?

Aber zum Wichtigen. Es ist das Projektjahr mit den meisten Teilnehmern, es sind meistens vier Gruppen am Sonntag unterwegs, jeder sollte die Möglichkeit gefunden haben gemäß seinen Ambitionen zu trainieren. Wir haben das 'Flachland' im Kölner Westen ausgiebig erkundet, doch auch dort kann man Höhenmeter machen, wenn man fleißig zwischen Glessener Höhe und Allrather Kippe hin und her fährt. Wird aber langweilig, irgendwann, deshalb wartet das Bergische. Und auch wenn die Ausfahrt im Schnee schön war, das Schönste kommt noch. Vielleicht manchmal verbunden mit Leiden oder Qual – aber Udo Bölts' Vier-Wort-Motivationsworkshop für Jan Ullrich ("Quäl Dich, Du Sau") hat nicht umsonst Radsportgeschichte geschrieben. Ebenso wie Jens Voigts legendäre zweimal L'Alp D'Huez lange Meinungsverschiedenheit übers Bergauffahren: Shut up, Legs. Damit verdient er mittlerweile gutes Geld. Die Dinge, die manchmal dem ein oder anderen langweilig oder nervig erschienen (kleines Kettenblatt, kleinster Gang, GA1-Fahren, Windschatten, Führungswechsel, etc.) werden allen im Bergischen ihren Dienst erweisen, weil sie das Rüstzeug enthalten, die schwierigeren Streckenabschnitte zu meistern. Und das 'Er-Fahren' der Fettverbrennung hat ja auch schon einen kleinen Vorgeschmack auf die durchaus positive Quälerei, die das Radfahren mitunter bereithält, gegeben. Und somit gibt es auch nur eine Antwort, auf die Frage, die die Band Kettcar in einem ihrer Songs stellt. "Wer bricht ein, wer gibt auf, den Berg hinauf, hinauf, hinauf?" Von uns keiner.

Mythen sind nützlich

Diese steile These wird beim Spinning aber erst mal auf die Probe gestellt. Aus irgendwelchen sonderbaren Gründen hat sich laut Peter zwischen Weihnachtspass und Silvesterabfahrt eine Art imaginärer Mont Ventoux gestellt, der nur mit Vorstellungskraft und ausgiebigem Pedalieren zu erklimmen ist. André Greipel hat Zwift, 'Von 0 auf 60' hat Peter Zaun. Nach kurzem Warmfahren geht's los, 34 Minuten bergauf, GA2 und drüber. Für die, die immer noch den Spinningraum des FitnessFirst Studios in Ehrenfeld vor sich sehen, gibt es virtuelle Serpentinen: Kurz Widerstand reindrehen, aus dem Sattel in den Wiegetritt. Proportional zu den vorgestellten Höhenmetern perlt zunehmend salzige Flüssigkeit über das Gesicht und den gesamten Körper. Langsam und stetig nähert man sich also der ersehnten Abfahrt. Eiskalt kalkulierte Schinderei. In meiner Vorstellung erreiche ich die Baumgrenze, anders als die Profis im Juli wünsche ich mir einen Hauch des legendären gefürchteten Windes. Stattdessen schallt mir Peters Stimme entgegen: "Eine Umdrehung Widerstand rein, Wir gehen raus aus dem Sattel, in den Wiegetritt!" Scheiß Serpentinen. Wiegetritt auf dem Spinningrad liegt in meiner Beliebtheitsskala ganz nah bei den Wellen vor Bechen. Sprich: Ich versuche das zu vermeiden. Allerdings bin ich die Wellen vor Bechen auch schon ziemlich häufig gefahren. Ich brauche im Kopf nun mal meine Mythen, um mir meine Bedingungen zu schaffen. 

Bringt etwas: Machen, was der Trainer sagt

Und darüber hinaus: Der Clou liegt – wie ich während meiner Zeit bei 'Von 0 auf 60' gelernt habe – darin, auch mal zu machen, was der Trainer sagt. Das gibt den eigenen Bedingungen einen wesentlich größeren Raum. Und man beginnt Spaß zu haben an den Dingen, die einem bislang keinen oder wenig Spaß gemacht haben. Letztlich geht es – wie in allen Bereichen des Lebens – darum, den Horizont zu erweitern, stetig. Schärft den Blick für das, was lieb, teuer, schön und wichtig ist. Ist bei mir zumindest so. Und ein Winter ohne Wintertraining 'Von 0 auf 60'? Ich weiß nicht, ich denk, es wäre ein Scheißwinter. Es ist für mich das fünfte Projekt in Folge, es gab noch keins, in dem ich nicht etwas neues gelernt hätte.

Und während ich mich also aus meiner eingeredeten Komfortzone begebe und den Wiegetritten füge sind die 34 Minuten irgendwann vorbei, und ich denk: Schade. Dafür gibt's noch mal einen kleinen Hügel zum Abschluss der Trainingseinheit. Wieder mal eine gelungene Stunde. Trotzdem: So um die Jahreswende spätestens ist bei mir immer der Punkt erreicht, wo ich sage: Danke dunkle Jahreszeit, reicht auch, ich würde gern wieder mehr draußen fahren. Die nächste Gelegenheit dazu ist die Teamausfahrt am 7. Januar. Überflüssig zu sagen, aber ich tu es trotzdem: Ich freu mich drauf.