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Tobis Radblog: Trainingslehre - Brauch ich vielleicht doch einen Trainingsplan?

Vertrau mir, ich bin Trainer!

Wie krieg ich System in mein Training? Brauch ich das?

Ich fahre jetzt seit 13 Jahren Rennrad und bin seitdem kontinuierlich besser geworden. Am Anfang kein Wunder, einfach, weil man fährt, es stagnierte dann irgendwann, ich verlor die Lust. Dann ging ich im Oktober 2013 zum Projekt "Von 0 auf 60". Die eigentliche Idee des Projektes ist Wintertraining, doch mein primäres Ziel war, die Lust am Fahren wiederzufinden. Eine Gruppe zu haben, mit der man durch den Winter fahren kann, war ein angenehmer Nebeneffekt. Eine Voraussetzung, besser zu werden, ist, eben auch den Winter durch zu fahren. Um es kurz zu halten, es hat geklappt. Ich fand die Lust wieder, und ich wurde besser. Mehr Grundlagenausdauer und etwas Grundwissen darüber, wie man trainiert. Vorher bin ich einfach gefahren. Bei dem Projekt begann ich auf ein paar Dinge zu achten: Herzfrequenzzonen und ähnliches. Hinzu kam Fahrtechnik. Ich kann nicht nur länger schneller fahren, ich beherrsche auch das Rad viel besser. Alles Faktoren, die den Spaß zurückbringen und erhöhen. Aber ein System im Training, oder gar einen Trainingsplan, hatte ich nie. Ich fahre immer noch aus Spaß an der Freude, nur weiß ich, was ich machen muss, um die Freude zu wahren.

Was will ich erreichen?

Rennrad Training
Urlaub in der Toskana: Spaß haben, auch auf Kies

Ich kann nüchtern 100 Kilometer im GA1-Bereich in unter vier Stunden fahren, ich bin über die Alpen gefahren, ich bin Marathons gefahren. Ich bin zweimal bei Rund um Köln mitgefahren, in unter zwei Stunden, ohne richtig ans Limit zu gehen. Ich habe gemerkt, dass mir Jedermann-Rennen keinen Spaß machen, zu viele verkniffene, verkrampfte Typen mit zu viel falschem Ehrgeiz. Was will ich also erreichen? Ich will den Spaß an der Freude behalten, auch wenn es richtig hart wird. Ich möchte im Urlaub lange anspruchsvolle Strecken fahren, die Landschaft sehen und genießen können und am Ende des Tages nicht alle Körner verbrannt haben. Ich möchte mit 80 km/h Abfahrten runterheizen, weil ich es kann, und nicht nur weil die Abfahrt das her gibt.  Es ist meine eigene Challenge. Und ich möchte die Narkolepsie in Schach halten. Fitness ist ein guter Weg, um das zu schaffen. Dafür bin ich bereit, ins Training zu investieren und mich zu quälen. Da kann ich nach 13 Jahren auch mal lernen, wie man einen Trainingsplan aufstellt, der meinen Weg zu meinem Ziel unterstützt und auch noch Spaß bereitet. Schön, dass Peter Zaun dazu einen passenden Workshop anbietet.

Eine Frage der Wissenschaft?

Das richtige Training. Ist wohl eine Frage der Wissenschaft. Man kann das schließlich studieren. Und dann gibt es da auch ziemlich viele Experten, von denen eine ganze Menge das nicht studiert hat. Aber mal trainiert hat. Also auf irgendwelche Erfahrungswerte zurückgreifen kann. Ich geb mich da keinen Illusionen hin. Die Frage nach dem richtigen Training hängt wohl von der Person ab, die man fragt. Bestimmt gibt es da so was wie einen kleinen gemeinsamen Nenner. Nur beschleicht mich als Laie das Gefühl, dass die Antwort auch ein bisschen mit der Person, die das Training absolvieren soll, abhängt. Oder abhängen sollte. Also von mir, zumindest in diesem speziellen Falle. Wenn ich also Rund um Köln oder die Mecklenburger Seenrunde gewinnen wollte oder trotz meines Alters Profi werden wollte, könnte ich mir für einen Teil des vielen Geldes, das ich nicht besitze, einen Trainer engagieren. Jemanden, den ich fürstlich entlohne, damit er mich quält und mir das exzessive Weingummi essen verbietet. Aber warum zur Hölle sollte ich das tun. Ich will ja nichts gewinnen, wohl aber Weingummi essen.

Ich könnte mir die Mittel besorgen, einen eigenen Trainingsplan aufzustellen, der das abdeckt, was ich muss und Raum lässt für das, was ich will. Diese Mittel möchte Peter einer kleinen Gruppe Leute an einem verregneten Samstagnachmittag im "Von 0 auf 60"-Hauptquartier in Bergisch Gladbach an die Hand geben. Und seien wir ehrlich: Nach 13 Jahren könnte ich es zumindest mal ausprobieren. Zumindest will er mir schon mal nicht das Weingummi verbieten. Im Gegenteil, es steht sogar eine Schale davon bereit, die ich fast alleine aufesse. Ich muss ja noch 20 Kilometer nach Hause fahren – durch den Regen – dafür braucht man Kohlehydrate, meinetwegen auch kurze, ist ja kein Ernährungsworkshop. 

Was kann mein Körper wirklich leisten?

Um überhaupt ein Trainingsprogramm zu entwickeln oder ein Pensum zu planen, braucht man eine Schablone, einen Rhythmus von Belastungs- und Ruhetagen. Und ein gewisses Grundwissen darüber, wie der Körper funktioniert, auf Belastung reagiert, und wie sehr man ihn belasten kann, damit überhaupt ein Trainingseffekt eintritt. Optimal ist eine Leistungsdiagnostik, damit man weiß, wo die Pulsbereiche liegen: Grundlagenausdauer 1, Grundlagenausdauer 2, Entwicklungsbereich, Wettkampfspezifische Ausdauer, Maximalpuls. Gut ist auch, den Ruhepuls zu messen – nach dem Aufwachen, vor dem Aufstehen, wenn der Körper am ausgeruhtesten und am wenigsten belastet ist. Diese Werte sind für einen Trainingsplan und die vernünftige Umsetzung unverzichtbar. Der größte Teil des Trainings findet im GA1-Bereich. Dieses Jahr gewährten Profis wie zum Beispiel John Degenkolb dem Magazin "Tour" einen Einblick in ihr Trainingsprogramm und man konnte sehen: Auch die Profis trainieren zu 80 Prozent im GA1-Bereich, der Rest sind GA2 und sorgsam gewählte Spitzen, spezifisch auf das Trainingsziel ausgelegt.

Wenn also man seine Leistungsbereich kennt und ein Ziel hat, gilt es den Trainingsplan den Werten gemäß auf das Ziel zuzuschneiden, aber nicht länger als drei bis vier Monate, und auch das ist schon ein langer Zeitraum. 

Die Angst, das Ziel nicht zu erreichen, weicht dem Spaß auf dem Weg dorthin

Peter bevorzugt die Methode des Drei-Einser-Rhythmus'. Das heißt: Auf drei Belastungseinheiten folgt eine Ruhe-Einheit. Die drei Belastungseinheiten sollten sich steigern. Dieses Muster kann man nun von Monaten auf Wochen und Tage herunterbrechen und sich so seinen Trainingsplan zusammenschmieden. Am Anfang macht eine enge Absprache mit dem Trainer schon Sinn, denn er hat am ehesten die Erfahrung, um einzuschätzen, welches Ziel welchen Aufwand erfordert. Aufgrund der Tatsache, dass Gott einen eigenen Trainingsplan hatte und er Menschen vor Herausforderungen stellen will, hat die Woche sieben Tage. Schlecht für Drei-Eins. Hier bietet sich an Drei-Eins  mit Zwei-Eins zu kombinieren. Wer sich dem organisatorisch gewachsen fühlt, kann natürlich im normalen Rhythmus bleiben, es verschiebt sich halt alles immer um einen Tag.

Allmählich nähert sich der "Weingummispiegel" langsam aber sicher dem Boden der Schüssel, während wir in kleinem Kreis zusammensitzen, Ziele definieren und Tipps einfordern. Innerhalb von drei Stunden erhält jeder im Raum Einsicht in das Mysterium "Training" und erkennt für sich selbst und sein Ziel langsam den Weg dorthin, und wir er ihn auf Papier systematisch festhalten kann. Um effektiv dafür zu trainieren und das Ziel zu erreichen. Eins wird dabei deutlich: Das zweite Ziel ist der Weg zum ersten. Das Zerlegen der Zeit, die man noch hat bis es ernst wird, offenbart: Die Angst, das Ziel nicht zu erreichen, weicht dem Spaß, dem man auf dem Weg dorthin haben kann. Ich weiß nicht, ob das der wichtigste Punkt auf Peters Agenda war, für mich war es das. Denn eins bleibt klar: Ich fahr aus Spaß an der Freude, auch mit Trainingsplan.