Die immer wieder kehrenden Themen einer Sinfonie
Die Saison muss begonnen haben
Schon wieder so ein Doppelwochenende. 130 Kilometer Mecklenburg-Vorbereitung am Samstag, 116 Kilometer mit dem Team „Von 0 auf 60“ am Sonntag, 1.000 und 1.300 Höhenmeter, eine Wochenendbilanz, die sich sehen lassen kann. Nächste Woche dann das Trainingslager, da geht das dann neun Tage am Stück so, allerdings mit Regenerationsausfahrten zwischendurch. Und das Wetter zeigt auch noch Anzeichen von Frühling, selbst wenn es noch an Konstanz mangelt. Hoffen wir, dass uns der Ausgang des Märzes als uns den Weg in den April ebnet. Auch die Häufung von Eurosport-Übertragungen aus dem Nachbarland Belgien legt nahe: Die Saison muss begonnen haben.
Hügel, Täler, Dörfer, Bauernhöfe

Und apropos Trainingslager – Trainer Peter Zaun hat ja in letzter Zeit schon vermehrt darauf hingewiesen, beziehungsweise uns nahe gelegt, doch bitte die Woche davor ruhig zu gestalten, eher wenig trainieren, viel schlafen (wobei das Gerücht umgeht, es gebe Leute, die viel und fast überall schlafen und trotzdem müde sind). Aber wie dem auch sei: Die Tour, die ich am Sonntag als Schlusslichtguide der Cappuccino-Gruppe absolviere, scheint darauf angelegt zu sein, diese Ruhewoche zu erzwingen. Es erwartet einen das Vollprogramm Bergisches Land. Steile Rampen, viele Wellen, knifflige, ruckelige Abfahrten. Und an vielen Stellen ein Wahnsinnspanoramablick über die Landschaft. Mit ihren Hügeln, Tälern, kleinen Dörfern und Bauernhöfen.
Am Anfang steht wie so oft bereits der erste Anstieg von Refrath über Bergisch Gladbach Sand nach Herkenrath – das sind schon mal knapp die ersten 200 Höhenmeter. Dann die überraschende Wendung – es geht relativ früh auf der Strecke von Bärbroich hinab nach Immekeppel, normalerweise kommt das immer erste gegen Ende der Runde und – weil es so schön ist, bergauf zu fahren – andersrum. Das Problem dabei – es gibt im Bergischen genug andere Sachen, die man hochfahren kann, es wird also für Ersatz gesorgt sein.
Hoch, Hohkeppel, höher, Hohbusch

Zunächst geht es aber schön flach und zügig die L299 Richtung Lindlar entlang, durch den kleinen Ort Köttingen hindurch. Hindurch? Nicht wirklich, da ging es doch gerade rechts ab, sagt der Guide. Schade, lief doch gerade so gut. Der Weg rechts ab führt auch nach Lindlar, aber kurz nach der Abbiegung steht da etwas im Weg, sieht aus wie eine Wand, ist aber in Wirklichkeit der Weg selbst. Er hat halt nur einen Steigung von knapp 20 Prozent. Da ist er, der erste Ersatz. Er führt nach Hohkeppel. Da denkt man, gut, Hohkeppel, ja ist hoch, so wie der Name sagt, dann bin ich wohl oben angekommen, der Weg – übrigens wirklich schön, mit Blick ins Tal – führt aber weiter nach Hohbusch, und das liegt höher als Hohkeppel. Dann aber geht es weiter nach Lindlar, hinab ins Tal. Im Freiluft Museum Lindlar ist übrigens Brezeltag, kriegt man aber gar nicht mit, ist wohl noch zu früh. Oder aber es sind alle am Essen. Nach Lindlar geht es in Richtung meiner neue Hassstrecke. Das waren bislang die Wellen zwischen Neschen und Bechen, die von Lindlar nach Schmitzhöhe sind aber, wie ich in den letzten Monaten – und auch gestern mal wieder – feststellen durfte, noch schlimmer. Es geht dann heute aber doch rechts ab auf den Bahntrassenweg Sülztalbahn. Talwärts, man kann gut laufen lassen. Kurz danach geht es aber schon wieder aufwärts, wir gelangen auf die Strecke für das alljährliche ostermontagliche Testrennen, das das offizielle Ende des Wintertrainings markiert. Es ist eine wunderschöne geschmeidige Abfahrt, die von Reudenbach nach Linde. Blöd, dass wir andersrum fahren. Ersatz und so.
Wunderschönes Panorama

Vor uns quält sich die Gruppe um Inge, Anne, Evelyn und Hery, die die Runde etwas abkürzen, den Berg hoch, sie folgen dem umgekehrten Verlauf der Strecke. Ich versuche den beiden mit mir am Ende des Feldes fahrenden Mädels Ute und Silke, Mut zu machen, und sage: Da oben links, wo Inge ist, ist oben. Ich muss mich entschuldigen, den wir fahren nicht nach links. Zu meiner Verteidigung muss ich sagen: Es war mir nicht bewusst, dass es da gerade aus weiter nach oben geht. Dafür ist es landschaftlich ziemlich schön, rechts bietet sich ein atemberaubender Blick ins Sülztal. Links von uns eine Kuhweide, einige mit rosa Markierungen. Man mag in der Idylle gerade nicht drüber nachdenken, was diese Zeichen zu bedeuten haben. Es erinnert mich an diesen großartigen Kommentar, den ich irgendwann mal bei Facebook unter einem Artikel über das Jagdgesetz gelesen habe. Man solle dieses unmenschliche Jagen und Schlachten mal lassen, und lieber sein Fleisch beim Metzger kaufen. Der Metzger erntet die Wurst ja bekanntlich vom Fleischbaum. So langsam bekomme ich Hunger.
aufundabundaufundabundaufundab

Es folgt eine steile Abfahrt, an der sich mal wieder die Gelegenheit bietet, gelernte Dinge einzusetzen. Die erste gelernte Maßnahme, die Kurve am Ende der Abfahrt außen anzufahren, innen zu nehmen, um dann wieder nach außen zu driften (Stichwort "großer Radius") klappt nicht, weil ich aufgrund von Streckenunkenntnis zu schnell bin, es aber gerad so'n Spaß gemacht hat. Immerhin, Vollbremsung ohne blockierende Räder klappt, so dass ich die Notmaßnahme – Judorolle ins frisch gepflügte Feld – vermeiden kann. Halten wir fest, Radbeherrschung und Fahrtechnik: Luft nach oben. Hat zum Glück keiner gesehen. Gut wenn man das Schlusslicht macht. Kurz innehalten: Hälfte der Strecke und Hälfte der Höhenmeter geschafft. Die zweite Hälfte beginnt wellig, geht über Kürten-Olpe, bei Hähnchen-Ewald vorbei und über die Wellen von Biesfeld (entgegengesetzt zur gewohnten Richtung) und Bechen (ebenfalls entgegengesetzt). Hier lässt sich sehr schön erkennen, dass nicht nur die Abfahrten schneller, sicherer und besser klappen, sondern auch die Wellen. Alle nehmen schön Schwung mit, um die Gegensteigungen zu meistern. Schade, dass es zu regnen beginnt, zum Glück nicht lange. Wir befinden uns nun auf der Rennstrecke von Rund um Köln, aber – das immer wiederkehrende Thema dieser Ausfahrt – in umgekehrter Richtung. Das bedeutet: Trostwald runter, man kann es schön krachen lassen. Das zweite immer wiederkehrende Thema ist allerdings aufundabundaufundab und es geht schön hoch nach Voiswinkel.
Das Trainingslager kann kommen
Im Grunde sind wir schon fast wieder am Ausgangspunkt, aber ich entdecke noch das dritte immer wiederkehrende Thema: Warum den direkten Weg, wenn man auch auf kleine – wohl aber schöne – Wege abbiegen kann, um die ersten zwei immer wiederkehrenden Themen noch einmal zu variieren. Diese Ausfahrt, lieber Peter Zaun, gleicht einer geschickt ausgeklügelten, schönen Sinfonie. Es folgen noch der sonst am Anfang stehende Panoramaweg und der letzte Aufstieg von Herrenstrunden nach Herkenrath. Sonst auch gern am Anfang und dann als Abfahrt. Da ist es nur fair, dass es am Anfang von Bärbroich hinab ging. Das scheint allerdings mittlerweile ewig her.
Das Fazit in Refrath: schöne, anstrengende, abwechslungsreiche Ausfahrt. Die "gemütliche" Cappuccino-Gruppe war bei fünf Kilometer kürzerer Strecke und der gleichen Anzahl an Höhenmeter nur einen halben km/h langsamer als die schnelle Espresso-Gruppe. Aller Ehren wert. Das Trainingslager kann kommen.